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Pressemitteilung

Stellungnahme zur Ansiedlung von Tesla in Grünheide

ÖDP unterstützt den Einspruch des „Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz“ (BBU) und fordert die Neuauslegung der Genehmigungsunterlagen

Die Ökologisch-Demokratische Partei (ÖDP) in Brandenburg kritisiert die Verfahrensweise eines bislang ungenehmigten und unzureichend geprüften Industrievorhabens in Grünheide. Die vom US-amerikanischen Unternehmen Tesla eingereichten Genehmigungsunterlagen enthalten formale wie auch fachliche Mängel, aus denen sich keine verlässlichen Aussagen zu Umweltrisiken und -auswirkungen ermitteln lassen. Aufgrund der mit dem Großvorhaben verbundenen medialen Strahlkraft und der umfassenden öffentlichen Wirksamkeit wird ein Präzedenzfall sondergleichen geschaffen, der Konsequenzen auf das zukünftige genehmigungsrechtliche Vorgehen mit sich bringen wird. Hierbei ist anzunehmen, dass es prognostisch zu vermehrt negativen Auswirkungen auf die im Verfahren zu prüfenden Schutzgüter kommt. Aus Sicht der ÖDP wird in diesem Fall ganz klar die geltende Rechtsstaatlichkeit verletzt. Gleiches Recht für alle, auch bzw. ganz besonders für Konzerne! Jeder Bauherr, ob Häuslebauer oder Unternehmer, ist dazu angehalten, alle erforderlichen, präzise auszuführenden Unterlagen einzureichen und alle Schritte eines Genehmigungsverfahrens zu durchlaufen. Im vorliegenden Fall von Tesla soll nun diese rechtlich festgeschriebene Verfahrensweise ausgesetzt werden und die Landesregierung vertraut blind auf die Zusagen von Tesla, alle Vorschriften einzuhalten. Die ÖDP fordert, dass Tesla vollständige, prüffähige Unterlagen einreicht und dass diese umgehend öffentlich ausgelegt und im Internet für jedermann einsehbar zur Verfügung gestellt werden.

Das Vorhaben stellt sich als wirtschaftliches „Leuchtturm“-Projekt der Landesregierung heraus, worin jedoch Umweltzerstörung und -beeinträchtigung für eine vermeintlich grüne Technologie in Kauf genommen wird. E-Mobilität ist ein Baustein, aber nicht der einzige Baustein für eine Mobilitäts- und Energiewende. Für den Aufsichtsratsvorsitzenden der Firma Tesla, Elon Musk, wird versucht, das Projekt möglichst schnell auf dem Weg des geringsten Widerstandes durchzubringen, ohne einen deutlichen Mehrwert für die Region und die Umwelt zu schaffen. Es geht hier um die rein wirtschaftliche Profilierung der Landesregierung ohne Rücksicht auf Verluste. Akzeptanz zu schaffen sieht anders aus! 

Es ist ein Widerspruch, dass bereits 90 von 300 ha Wald gerodet wurden und erst am 18.03.2020 mögliche Einwendungen dagegen erörtert werden sollten. Dieser Termin wurde durch eine weltweite Krise auf unbestimmte Zeit verschoben. Die Tatsachen sind dennoch bereits geschaffen.

Der massive Zeitdruck, den Tesla aufgebaut hat, führt zu einer Reduzierung der demokratischen Mitwirkung und zu einem Verlust von unabhängiger Abwägung aller Argumente. Bis zum 05.03. 2020 waren Einsprüche möglich, obwohl bis Ende Februar schon 90 Hektar Wald gefällt wurden.

Schon vor dem Sichten möglicherweise wichtiger Einspruchsbegehren wurden sie de facto schon abgelehnt. Auf dieses Verfahren werden sich auch andere Investoren berufen können. Auch solche, die der Partei „Die Grünen“ nicht genehm sein werden.

Unsere Bedenken hinsichtlich des Umweltschutzes sind folgende:

Die Standortentscheidung, die leider weitgehend ohne Beteiligung und Information der Öffentlichkeit verlief, fiel auf ein Gebiet in einem Trinkwasserschutzgebiet in der Nähe der Ortschaft Grünheide. Hier steht ein oberflächennaher Grundwasserleiter im Berliner Urstromtal an, welcher sehr empfindlich auf Stoffein- sowie austräge reagiert. Der Wasserhaushalt der nahe gelegenen Flüsse Spree und Löcknitz mit empfindlichen Moor- und Auenbereichen sowie der Seenkette entlang des Strausberger Mühlenfließes wären durch die geplanten Wasserentnahmen stark beeinträchtigt. Dies kann zu einem drastischen Absinken der Grundwasserspiegel, die ohnehin durch den Klimawandel bereits stark abgesunken sind, in der Umgebung führen. Was damit eine enorme Zusatzbelastung für diese Lebensräume darstellt und im schlimmsten Falle zu deren gänzlichen Trockenfallen reichen kann. 

Es werden laut Medienberichten zudem weitere Wohnungsbauten für die zukünftigen Mitarbeiter eingefordert. Dies führt prognostisch u.a. zu weiteren Baumfällungen oder zumindest weiteren Versiegelungen, zusätzlichen Verkehrsinfrastrukturen und Erschließungen. Hieraus ergibt sich ein kumulierender, verschärfender Effekt auf die Schutzgüter. Weiterhin besagt diese Forderung, dass Mitarbeiter aus anderen Regionen angeworben werden und Bürger/Bürgerinnen aus dem direkten Umkreis nur gering bis gar nicht von der Ansiedlung Teslas profitieren könnten. Somit ist fraglich: Worin liegt dann der Mehrwert für die Region, für die Leute vor Ort?

Und die an der Landesregierung beteiligte Partei „Die Grünen“ scheint bei dem Vorhaben alle Augen zuzudrücken, schließlich entspricht Tesla der Ideologie der (aktuell noch zweifelhaften) E-Mobilität. Was aber wäre, wenn ein anderer Industriezweig ein Werk in das Trinkwasserschutzgebiet und die Bestände ringsum Grünheide setzten wollte? Würden die „Grünen“ dann auch der vorzeitigen Rodung eines Bestandes und der Vernachlässigung von Umweltverträglichkeitsprüfung und Mitbestimmung zustimmen?

Anstatt mehr E-Autos zu bauen, sollte es doch zunächst heißen: allgemein weniger fahren, weniger Energie verbrauchen, Ressourcen schonen. Auch das oftmals gebrachte Argument von der Frage nach Mobilität auf dem Land ist zu kurz gegriffen. Im ländlichen Raum muss nachgesteuert werden, mehr Bahnstrecken müssen reaktiviert werden, um die ländlichen Regionen besser anzubinden. Außerdem muss der ÖPNV besser vernetzt werden. Dann könnte der ein oder andere auch auf das Auto verzichten. Diese Angebote müssen prioritär angegangen und umgesetzt werden, anstatt teure und schwere E-Autos für die urbane Elite zu bauen.

Die Aussage der „grünen“ Wirtschaftssenatorin von Berlin, Ramona Pop, es sei „abwegig, eine Kiefernplantage zum Wald zu erklären“ ist in diesem Falle nicht ganz korrekt. Es muss – nach Ansicht der ÖDP – immer standortbezogen und differenziert betrachtet werden. In dem betreffenden Waldstück gab es bereits einen hohen Anteil an Naturverjüngung und Anpflanzungen von potentiell natürlichen Baumarten mit gutem Entwicklungspotential, die dem Standort angemessen und die dem Wasserhaushalt und dem Lebensraumgefüge im Gebiet zuträglich sind bzw. waren.

Grundsätzlich lehnt die ÖDP die pauschale und zu kurz gegriffene Herabstufung vom Kiefernforst zu einer „Plantage“ ab. Ein Kiefernforst kann bereits durch eine Anpflanzung oder aufgekommene Naturverjüngung mit potentiell natürlichen Baumarten die Anlage besitzen, sich mittel- bis langfristig zu einem naturnahen Forst zu entwickeln. Zudem schafft bereits ein Kiefernschirm die besten Voraussetzungen für einen schrittweisen Waldumbau hin zu einem standortgerechten Bestand, wenn die dafür geeigneten waldbaulichen Regeln eingehalten werden. Der Waldumbau muss an diesen Standorten forciert werden.

Mit Hilfe von Wildbrücken über die Autobahn wurden die benachbarten Waldgebiete miteinander verbunden, um die Barrierewirkung der Autobahn für Wildtiere zu minimieren. Hiernach sollte das betroffene Waldgebiet als Wildwanderungskorridor dienen. Nun wird dieses Waldgebiet durch die Tesla-Ansiedlung zusätzlich gestört und zerschnitten. Die Korridorfunktion würde wegfallen. Nach der gescheiterten BMW-Anwerbung hätte man das Gebiet planerisch wieder zu Wald erklären müssen.

Nun entsteht in einem Trinkwasserschutzgebiet ein Werk, welches u.a. in hohen Mengen bedenkliche Stoffe verarbeitet und enorm viel Wasser und Energie benötigt.

Aus ökologischer Sicht hält die ÖDP den Standort für ungeeignet.

Wenn das Tesla-Werk, dennoch in Grünheide entsteht, muss es schnellstmöglich ökologischer werden.

Das bedeutet:

  • Zumindest sollte das geplante Batteriewerk auf das bereits bestehende, versiegelte und zum Teil brachliegende Gelände des nahegelegenen Güterverkehrszentrums Grünheide verlagert werden, um eine weitere umfängliche Rodung von Bäumen zu vermeiden.
  • Das projektierte Erdgas-Kraftwerk muss durch ein Biomasse-Kraftwerk ersetzt werden. Sowohl die russische Gasförderung als auch das amerikanische Fracking-Gas sind ökologisch äußerst zweifelhaft. Ein Biomasse-Kraftwerk könnte z. B. mit Stroh betrieben werden und dafür sorgen, dass regional Land- und Forstwirte davon profitieren. Die Strohasche wäre ein hervorragender Dünger.
  •  Alle Dächer sind mit Photovoltaikanlagen auszustatten.
  •  Vorrangig sollte der Strom aus regionaler, ökologischer Produktion kommen. Um Unregelmäßigkeiten abzufedern, ist z.B. überschüssiger Windstrom regional zwischenzuspeichern, z.B. als Gas oder Wärme.
  • Im Rahmen von Auflagen und Verhandlungen ist dafür zu sorgen, dass akkubetriebene Autos mit ihrer derzeitigen Akkutechnologie nur eine Übergangslösung sind. Mittelfristig sind kleinere, leichtere E-Autos herzustellen, die mittels einer ökologisch und sozial unbedenklichen Akkutechnologie oder noch besser von Brennstoffzellentechnik und Wasserstoff angetrieben werden.
  •  In den Auflagen zur Kompensationspflanzung ist eine Sicherstellung des Anwuchses und der Pflege dieser Anpflanzungen über mindestens 10 Jahre hinweg festzusetzen und zu garantieren. Es lässt sich in jüngster Vergangenheit zunehmend beobachten, dass derartige Kompensationspflanzungen unter den widrigen Verhältnissen des Klimawandels (Sommertrockenheit, schwere Wasseraufnahme der Böden aufgrund zunehmender Mineralisierung und einsetzender Hydrophobität, verringerte Wasserabgabe der Böden an die Pflanze) und dem geringen Bewässerungsaufwand und der Pflege nur schwerlich anwachsen und auch langfristig bestehen können. Dem ist durch strengere Auflagen vorzubeugen. 

Grundsätzlich kritisiert die ÖDP das unkritische Unterstützen jeglicher E-Auto-Industrie durch die Partei „Die Grünen“.  Es hilft nicht, wenn alle Autos durch E-Autos ersetzt werden. Die Verkehrswende muss viel tiefgreifender umgesetzt werden, s.u.

E-Mobilität ist nicht DIE Lösung! Sie kann aber ein TEIL der Lösung sein.

Um das Klima zu schonen und die Rohstoffvorräte zu schützen, reicht es nicht, wenn die individuelle Auto-Mobilität auf batteriebetriebene Elektroantriebe umgestellt wird. Das suggeriert nur, wir könnten weiterleben wie bisher, nur mit grünem Anstrich. Elektroautos sind nur dann umweltfreundlich, wenn der von ihnen verbrauchte Strom 100% regenerativ erzeugt wurde und wenn Produktion und Entsorgung der Batterien sozial und ökologisch verträglich erfolgt.  Da jedoch auch ökologisch produzierter Strom immer auch eine Schattenseite hat (Entsorgung von Rotorblättern ausgedienter Windräder, Flächenverbrauch etc.), muss grundsätzlich gelten: „Weniger ist Mehr!“ – sprich, es müssen Anstrengungen für einen geringeren Energieverbrauch unternommen werden. Wir müssen wegkommen vom Technisierungs- und Digitalisierungswahn, hin zu genügsamen, gut organisierten, regionalen, wertschätzenden und deshalb lebenswerten Lebens- und Wirtschaftsformen.

Wir halten nichts davon, Verbrennungsmotoren ab einem bestimmten Jahr pauschal zu verbieten oder E-Mobilität unkritisch und unbegrenzt zu bejubeln. Insofern unterscheiden wir uns deutlich von den „Grünen“.

Wir brauchen einen intelligenten, menschen- und umweltverträglichen Mix an Fortbewegungsmitteln und Energiequellen. In der Regel wird es umweltfreundlicher sein, ein Dieselauto noch länger zu fahren, als es zugunsten eines neu produzierten E-Autos vorzeitig zu verschrotten. Wir lehnen daher sog. „Abwrackprämien“ ab. Sie begünstigen nur das gegenwärtige System von maximaler Rohstoffverschwendung und möglichst kurzer Haltbarkeit von Produkten.

Die ÖDP bevorzugt eine Verkehrswende mit folgenden Elementen:

  • Weniger Verkehr.  Förderung regionaler Wirtschaftskreisläufe und Reduzierung der internationalen Warenströme, um Güterverkehr zu reduzieren. Massive Besteuerung von Flugbenzin.
  •  Verlagerung von Verkehr. Wiederinbetriebnahme vieler stillgelegter Bahnstrecken in Brandenburg. Deutliche Reduzierung der Fahrkartenpreise im Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg.
  •  Ausbau der Busverbindungen, auch mit Kleinbussen.
  •  Ausbau der Fahrradwege, auch zwischen ländlichen Gemeinden.
  • Umrüstung von Bus- und Bahnbetrieb auf Wasserstofftechnologie.
  • Förderung von E-Autos, deren Energie nicht in einer Batterie gespeichert wird, sondern über Brennstoffzelle aus Wasserstoff gewonnen wird
  • Aufbau eines Netzes von Wasserstoffspeichern, die u. a. überschüssigen Wind- und Solarstrom aufnehmen

 

Pressekontakt:
Ökologisch Demokratische Partei (ÖDP), Landesverband Brandenburg
E-Mail: presseoedp-brandenburg.de
Internet: www.oedp-brandenburg.de

Vorstand: www.oedp-brandenburg.de/partei/landesvorstand


V.i.S.d.P.: norman.hessoedp.de (stellv. Landesvorsitzender)
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